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August 2019

Stellungnahme zu einem Blog-Artikel von Markus Till

Im Oktober 2017 veröffentlichte Markus Till in seinem Blog („Aufatmen in Gottes Gegenwart“, aigg.de) eine Stellungnahme zu dem Internetprojekt www.worthaus.org. Diese mehrseitige Stellungnahme hat er im Juni 2019 aktualisiert. Er geht mit Worthaus hart ins Gericht. Da ich den Großteil der Worthaus-Vorträge gehalten habe, betrifft seine Kritik direkt und indirekt vor allem auch mich. Ich kann das, was Till über mich schreibt leider nur als einen schlechten Witz bezeichnen. Er rückt mich in die Nähe eines theologischen Irrlehrers, der der Christenheit großen Schaden zufügt und vor dem man Christen warnen muss. Die Art und Weise, wie Till argumentiert, ist äußerst unseriös. Das soll an einigen Beispielen deutlich werden:

1) Paulus sagt: „Prüfet alles und das Gute behaltet“ (1 Thess 5,21). Von dieser apostolischen Empfehlung ist Till weit entfernt. Er handelt im Gegenteil nach dem Motto: „Prüfet alles und das Gute verschweigt“. In einem fairen Gespräch mit Andersdenkenden formuliert man normalerweise zuerst das, was man an der Position des Anderen als berechtigt erachtet, und bringt anschließend die kritischen Einwände. Dieser erste Schritt fehlt bei Till völlig (er äußert zwar im Schlussteil seines Artikels einige pseudo-anerkennende Bemerkungen, die sich aber nicht auf den theologischen Inhalt der Vorträge beziehen). Zu einer konstruktiven Auseinandersetzung würde es gehören, dass Till seiner Leserschaft zunächst einen Gesamtüberblick über die Tätigkeit und die Vielfalt der Themen und Referenten des Worthausprojekts bietet. An so etwas hat Till kein Interesse. Nirgendwo gibt er z.B. einen Überblick über die 80 Vorträge, die ich in Worthaus gehalten habe. Keinen einzigen dieser Vorträge stellt er inhaltlich ausführlicher vor. Er will von Anfang an bei seinen Lesern eine negative, angstmachende Stimmung heraufbeschwören (vgl. schon seine Einleitung). Alle positiven Aspekte in den zahlreichen Worthausvorträgen werden von Till ausgeblendet.

Das zeigt: Es geht Till nicht um ein faires Gespräch, sondern vor allem darum, mich und die gesamte Worthaus-Arbeit „abzuschießen“. Deshalb differenziert er sein negatives Urteil über mich an keiner Stelle. Ich soll seinen Lesern als Negativfigur erscheinen und als solche bekannt gemacht werden. Jede Differenzierung würde die Wirkung seines Schwarz-Weiß-Bildes abschwächen. Und das will Till unbedingt vermeiden. Auch sonst versucht Till überall dort, wo im Internet über meine Arbeit diskutiert wird, negative Kommentare anzubringen. Diese Negativfixierung auf meinen Namen ist auffallend.

2) Eine von Tills häufigsten Methoden besteht darin, einzelne Sätze aus dem Zusammenhang zu reißen, um so bei seinen Lesern maximale Wirkung zu erzielen. Mit dieser „Pick-heraus-Methode“ disqualifiziert Till sich selbst. Muss man ihm diese Grundregel, die man schon in der Schule lernt, wirklich erst sagen? Jeder fachkundige Mensch weiß, dass der Manipulation Tür und Tor geöffnet wird, wenn man mit herausgepickten Einzelsätzen arbeitet. Aber der promovierte Markus Till hat offensichtlich diesbezüglich keinerlei Hemmungen. In der seriösen Journalistik bezeichnet man solche Schreiber als „Wadenbeißer“. Man stelle es sich praktisch vor: Till hört sich stundenlang Worthaus-Vorträge an und lauert dabei auf solche Sätze, die sich am Besten für seine Schwarz-Weiß-Ziele eignen.

Till zitiert z.B. im Blick auf mein Bibelverständnis aus einem anderthalbstündigen Vortrag von mir lediglich zwei Sätze. Das genügt ihm, um mein Bibelverständnis als falsch zu brandmarken. Die übrigen 99% dieses Vortrags spielen überhaupt keine Rolle mehr und werden nicht erwähnt. Glaubt dieser Mann im Ernst – und glauben es seine Leser im Ernst -, dass man mit solch einer Methode einem Menschen gerecht werden kann, der sich seit mehr als 50 Jahren mit Bibelauslegung beschäftigt? Genauso macht es Till mit meinem Abendmahlsverständnis. Er zitiert aus 75 Minuten Vortrag einen einzigen Satz, reißt diesen Satz völlig aus dem Zusammenhang und hält damit mein Abendmahlsverständnis für „widerlegt“. Aus einem dritten Vortrag von mir zitiert Till wiederum einen einzigen Satz, den er zudem noch so falsch wiedergegeben hatte, dass er ihn in seiner aktualisierten Fassung korrigieren musste. Auch andere Referenten von Worthaus „widerlegt“ Till, indem er einzelne Sätze aus dem Zusammenhang reißt. Diese von Till so gern benutzte Methode hat etwas Unanständiges und Hinterhältiges. Eine dermaßen selektive Wahrnehmung macht einen sinnvollen Dialog unmöglich. Till steht sich damit selbst im Weg, obwohl er sich doch so im Recht fühlt.

3) Ich habe Till, lange vor seiner Aktualisierung des betreffenden Blog-Artikels, schriftlich und mündlich mitgeteilt, dass ich an die leibliche Auferweckung Jesu glaube und das Grab Jesu meiner Überzeugung nach leer war. Ebenso habe ich ihm mitgeteilt, dass der Tod Jesu für mich ein stellvertretendes Sühnopfer ist. Selbstverständlich ist für mich Jesus Gottes Sohn. Ich habe auch betont, dass Jesus einen messianischen Anspruch hatte und sich für mich sein historisches Profil keineswegs im Nebel auflöst. Luthers „sola scriptura“ (allein die Heilige Schrift) halte ich gerade für die modernen, pluralistischen Gesellschaften für unverzichtbar. Ich habe Till gegenüber noch weitere solche positiven Eckpfeiler gesetzt. Kein einziges dieser wirklich nicht unwichtigen Bekenntnisse hat Till in irgendeiner Weise aufgegriffen. Sie verhallten alle im Nichts. Das ist so unfassbar einseitig! Es ist mit Händen zu greifen, dass Till das Negativbild von mir, das er in der Öffentlichkeit verbreitet hat, unbedingt aufrechterhalten will. Was würde denn wohl passieren, wenn er diese positiven Bekenntnisse von mir in seinem Blog seinen Lesern bekannt machen würde? Gehört aber nicht gerade auch das zu einer Ehrlichkeit, Sachlichkeit und christlichen Anständigkeit?

4) Till wirft dem Worthausprojekt vor, dass wir das Bibelverständnis Martin Luthers und das reformatorische Erbe aufgegeben bzw. uns weit von ihm entfernt haben. Was mich betrifft, ist dieser Vorwurf absurd. Jeder der mich kennt weiß, dass ich mich jahrzehntelang intensiv mit Luthers Theologie beschäftigt habe und in Luthers reformatorischen Grunderkenntnissen theologisch beheimatet bin. Worthaus hat eine ganze Jahrestagung mit vielen Vorträgen dem Thema „Martin Luther“ gewidmet. Till seinerseits beachtet nicht, dass Martin Luther die öffentliche Verkündigung und Lehre an eine Ordination gebunden hat. Darum stellt sich die Frage: Von wem wurde eigentlich Markus Till ordiniert? Er hat sich wohl selbst ordiniert. Der Biologe Markus Till will die theologische Welt belehren. Die Frage, ob er sich dabei vielleicht doch etwas überschätzt, stellt sich ihm offensichtlich nicht.

5) Die Frage, wie wichtig und nützlich eine gute theologische Bildung ist, kann Till nur hämisch und spöttisch behandeln. Als ob ich der Meinung wäre, man müsse alles Mögliche studiert haben, um ein guter Christ zu sein. Dieser Meinung bin ich nicht. Genüsslich zählt Till der Reihe nach auf, was ich angeblich alles für notwendig halte, um die Bibel richtig zu verstehen. Auch hier ist eine Diskussion mit Till fast aussichtslos. Wem nicht von alleine klar ist, dass es mir dabei um Dinge geht, die eine wertvolle Hilfe sein und unsere Freude an der Bibel vergrößern können, dem kann ich auch nicht helfen. Der christliche Glaube ist in der Tat immer etwas Kindliches. Aber die öffentliche Interpretation der Bibel ist nichts Kindliches, sondern muss sorgfältig verantwortet werden.

Till spricht ständig pauschal und negativ von „der Universitätstheologie“. Er benutzt diesen Begriff als Feindbild. Das ist ein Grundproblem seiner Argumentation. Demgegenüber ist es unbedingt notwendig, von der Universitätstheologie differenziert zu reden. Ich gehe von den guten Beispielen aus, nicht von den schlechten (die ich durchaus kenne). Das pauschal negative Reden von „der Universitätstheologie“ ist ein Zeichen der Hilflosigkeit und der theologischen Unreife.

6) Im Jahr 1995 gründeten der evangelische Pfarrer Georg Schützler und ich die Ludwigsburger „Nachteulengottesdienste“. Sie wurden über die Landesgrenzen hinaus bekannt und waren mehr als 20 Jahre lang der wohl bestbesuchte Gottesdienst der württembergischen Landeskirche. Hier versammelten sich monatlich durchschnittlich 800-1000 Gottesdienstbesucher, unter ihnen viele, die sonst zur Kirche kaum Kontakt hatten. Bischof Gerhard Maier, eine Vaterfigur des württembergischen Pietismus (den auch Till hoch schätzt), hat sich bei uns mit herzlichen Worten für die Bereicherung bedankt, die die Nachteulengottesdienste für die württembergische Landeskirche darstellen. Obwohl Till die Geschichte dieser Nachteulengottesdienste bestimmt kennt, findet sich bei ihm kein Wort des Respekts oder der Wertschätzung. Ist es denn typisch für „liberale“ Theologieprofessoren, dass sie über ihre Berufstätigkeit hinaus evangelistische Alternativgottesdienste gründen, in denen auch viele Menschen zum Glauben gefunden haben? Vor mehr als vier Jahren gründeten der Chorleiter Tom Dillenhöfer und ich in Stuttgart einen monatlichen Gospelgottesdienst („GospelHaus“). Hier versammeln sich regelmäßig 600-800 Gottesdienstbesucher. Auch dieser Gottesdienst gehört zu den bestbesuchten Gottesdiensten unserer Landeskirche. Solche langjährigen Wachstumsprozesse sprechen für sich. Till aber spricht von einem „Abwärtsstrudel“ (!), der der evangelikalen Christenheit durch Worthaus drohen könnte. Das ist nicht nur albern, sondern zeigt auch eine gehörige Portion Ignoranz. Bei positiven Vorgängen, die nicht in Tills Brille passen, kann er keine Wertschätzung äußern. Till hatte 25 Jahre lang Gelegenheit, mich im Rahmen dieser nahegelegenen Gottesdienste kennenzulernen. Warum hat er diese Gelegenheit nicht genutzt? Till begann seinen öffentlichen Angriff auf mich, ohne dass er versucht hat – was ihm doch sonst immer so betont wichtig ist – mich vorher persönlich kennenzulernen. Das wäre Ausdruck eines guten, christlichen Stils gewesen.

Auch die inzwischen fast 10jährige Geschichte von Worthaus zeigt erstaunliche Wachstumsprozesse. Im Jahr 2011 versammelten sich auf der ersten Worthaus-Tagung etwa 20 Personen, auf der zweiten ungefähr 50, auf der dritten ungefähr 100 Personen usw. Zu der diesjährigen Jahrestagung kamen über 600 Teilnehmer/innen. Die Zuhörerschaft im Internet wächst ebenfalls beständig. Heute hören viele zehntausende Menschen weltweit Worthaus, in den Landeskirchen, in den Freikirchen und zunehmend auch in der katholischen Kirche. Wir erreichen aber auch viele säkulare Menschen und solche, die ihren Glauben bereits aufgegeben hatten. Auch das spricht für sich. Wir sind Gott sehr dankbar für diese Entwicklung und gehen voller Zuversicht in die nächsten Jahre. Wer die Qualität der Worthaus-Arbeit schätzen gelernt hat, den beeindrucken Tills „Argumente“ nicht mehr.

Jedem steht es frei, sich die kostenlosen Worthaus-Vorträge anzuhören und sich seine eigene Meinung zu bilden. Lassen Sie sich durch Tills stark verkürzte und sehr einseitige Darstellung nicht blenden. Bei dieser Einseitigkeit nimmt man gar nicht mehr wahr, dass Till bei mehr als 70 Vorträgen von mir nichts zu kritisieren gefunden hat.

Ich finde mich in dem Gesamtbild, das Till von mir zeichnet, nicht wieder. Das bin nicht ich. Das ist ein Zerrbild von mir. Diesbezüglich dienen Tills Methoden mehr der Lüge als der Wahrheit. Auf so etwas liegt kein Segen. Das wird sich früher oder später zeigen. Warten wir’s ab (Apg 5,38-39).

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